Verwertungsgesellschaftsgesetz
Die Kommentierung des Gesetzes über die Verwertungsgesellschaften (VGG) wird herausgegeben vom Berliner Rechtsanwalt Robert Heine (Sozietät Raue) und dem CEO der GEMA Tobias Holzmüller - ein GEMA-Hauskommentar ist das nicht. Mitgeschrieben haben unter anderem auch Martin von Albrecht, Vaunet-Verhandlungsführer gegenüber GEMA und GVL (gemeinsam mit Olaf Fiss, der ihn als Anwalt lange begleitete). Vertreter aus Wissenschaft (hervorzuheben Katharina de la Durantaye, Humboldt-Uni Berlin sowie Rupprecht Podszun, Uni Düsseldorf), aus der anwaltlichen Praxis sowie mit beruflichem Hintergrund im BMJ und DPMA sind dabei.
Man erfährt viel und vor allem im Detail - die Liste der deutschen Verwertungsgesellschaft mit einer Kurzbeschreibung beinhaltet auch, was ihre jährlichen Einnahmen sind. Die reichen von 1,17 Mrd. € (GEMA 2022) bis hinunter zu 235.000 € (GWVR - Wahrnehmung von Veranstalterrechten). Apropos Geld: Angesichts der aktuellen Vorlage des BGH an den EuGH zur Frage, in welchem Umfang Verwertungsgesellschaften Personen und Einrichtungen fördern dürfen, die nicht zu den jeweils vertretenen Rechteinhabern unmittelbar gehören, liest man nach: Das geht auch mit Blick auf europäisches Recht, so lange ein vernünftiger Bezug der Tätigkeit der jeweiligen Verwertungsgesellschaft besteht. Mal sehen, ob man das auf dem Luxemburger Kirchberg genauso sieht.
Wie immer bei der Vorstellung von Kommentaren ist der Blick auf das Werk sehr punktuell und subjektiv mit Blick auf die Zielgruppe gewählt: Gesamtverträge und die allgemeinen Maßstäbe auch bei typisierenden Regelungen werden erläutert. Man schaut zum Gesamtvertragsrabatt, zu dessen konkreter prozentualer Höhe nichts gesagt wird. Er muss mit den Leistungen des Gesamtvertragspartners - des Verbandes - "korrelieren", wird also nicht pauschal für alle Verbände gleich sein, sondern nach dem Service, der für die Verwertungsgesellschaft dienlich ist, differenzieren. Auch hier gilt: Was die Vertragspartner einmal als angemessen erachteten, wird ohne Änderung der Umstände nur schwer abänderbar sein. Einigt man sich nicht auf Gesamtverträge, geht es zur Schiedsstelle, meistens danach weiter zum OLG München und nicht selten zum BGH - ebenfalls im VGG geregelt und erläutert.
Neugierig schaut man in die Kommentierung der erst seit 2021 bestehenden kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung (EKL) - sozusagen Gesamtverträge, die auch Außenseiter, die durch die Verwertungsgesellschaften nicht unmittelbar als Rechtsinhaber vertreten werden, umfassen. Die spannende rechtliche Konstruktion wird bislang noch eher verhalten genutzt. Die VG Wort hat etwas für Lesungen von erschienenen Schriftwerken im Rahmen nicht-kommerzieller literarischer Diskussionsveranstaltungen mit sozialem oder kulturellem Zweck. Relevanter scheinen die Angebote für Social-Media-Anbieter zu sein; hier hat die VG Bild-Kunst Lizenzen für die Nutzung "stehender Bilder" und die VG Musik-Edition Rechte an Noten und Texten. Die Kommentierung erwartet, dass das Training von generativen KI-Modellen und Systemen ein weiterer Anwendungsfall für derartige Lizenzen sein könnte.
Würde man das Werk für Rechtsinhaber vorstellen, die einen Vertrag mit einer Verwertungsgesellschaft abgeschlossen haben, würde man deren Innenleben und die Kommunikation der Verwaltung mit ihnen in den Vordergrund stellen. Praktiker in den Verwertungsgesellschaften lesen vielleicht eher die Passagen, die sich mit dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde befassen. Der Kommentar ist also breit angelegt.
Wer, wie die Anbieter von Audio-Content, seine Geschäftsmodelle auf Rechten kalkuliert, die ihm Verwertungsgesellschaften zur Verfügung stellen, vollzieht leicht nach, wie praxisrelevant ein solcher Kommentar ist.
Robert Heine
Tobias Holzmüller (Hrg.)