Literaturhinweis

Öffentliche Wiedergabe im Lichte der Dienstleistungsfreiheit

Das passt halt nicht zusammen: Auf der einen Seite soll es einen europäischen Binnenmarkt über alle Mitgliedsstaaten hinweg geben. Auf der anderen Seite fordern Akteure im Internet, durch Geoblocking einzelne Mitgliedsstaaten voneinander abzugrenzen. Was nun? Soweit das Urheberrecht betroffen ist, ist das der Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Sie ist insoweit für Medienunternehmen, die einerseits selbst Content herstellen, andererseits aber auf urheberrechtlich geschütztes Material wie etwa Musik angewiesen sind, von erheblichem Interesse.

Die Dissertation (München 2024 bei Alexander Peukert) geht erwartungsgemäß akribisch vor. Die Einleitung beschreibt die Realität von Geoblocking und das hier eingangs skizzierte Spannungsverhältnis. In einem Schaubild werden die Grundkonstellationen des Geoblockings von urheberrechtlich geschützten Inhalten dargestellt. Da gibt es den Rechteinhabern, der Nutzungsrechte für ein Land "Nr. 2" an den Content-Provider einräumt. Der macht eine öffentliche Wiedergabe über das Internet und richtet ein Geoblocking für den Endnutzer in Land "Nr. 1" ein. Das ist allerdings nur die einfache Variante. Die Konstellation mit unterschiedlichen Content-Providern in unterschiedlichen Ländern beziehungsweise einem Content-Provider, der in mehreren Ländern tätig ist aber die Nutzungsrechte nur für ein Land erworben hat, sind Abwandlungen der Grundkonstellation. In der Praxis könne das noch erheblich komplizierter sein, wird angemerkt.

Es folgt ein Blick auf die technischen Grundlagen des Geoblocking. Die Darstellung, was ein Akt der öffentlichen Wiedergabe ist, schließt sich an - jedenfalls als Überblick im rechtlichen Sinn.

Im zweiten Teil werden die Gründe untersucht, weshalb Geoblocking von urheberrechtlich geschützten Inhalten stattfindet. Content-Provider, die fürchten, durch das öffentliche Wiedergeben von Material in bestimmten Ländern Urheberrechte zu verletzen, wollen dieses Risiko nicht eingehen. Das setzt aber voraus, dass eine genehmigungsbedürfte öffentliche Wiedergabe ohne Genehmigung der Rechteinhaber stattfindet und zugleich auch in einem bestimmten Land "lokalisiert" werden kann, das heißt dem materiellen Recht des dortigen nationalen Urheberrechts unterfällt. Das trifft für die oben genannten Grundkonstellationen zu, denn hier hat der Content-Provider die Einwilligung des Rechteinhabers nur für bestimmte Territorien innerhalb des Binnenmarktes. Genannt werden Rundfunkangebote wie insbesondere jene der öffentlich-rechtlichen Anbieter, die für einen nationalen Markt gedacht aber in ganz Europa abgerufen werden können. Erwähnt wird die vertragliche Verpflichtung, die Rechteinhaber den Verwertern zum Teil auferlegen, um ein Geoblocking zu erreichen.

Wir nähern uns den weiteren Teilen der Arbeit, in denen untersucht wird, ob diese Praxis mit dem Primärrecht der EU, wozu die Dienstleistungsfreiheit gehört, vereinbar ist. Antwort: Nein! Der einschlägige Artikel 56 AEUV ist verletzt, die InfoSoc-Richtlinie, auf die eine Pflicht für ein Geoblocking zurückgehen würde, verstößt als Sekundärrecht gegen die primärrechtliche Regelung. Notwendig sei, dem Rechteinhaber für jede Nutzung egal an welchem Ort in der Union seine Vergütung zu sichern, was das Urheberrecht bezweckt. Eine Aufsplitterung in nationale Teilmärkte sei dafür aber nicht erforderlich und eine Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit also nicht zu begründen. Das ist - im Rahmen des Literaturhinweises verkürzt - der Gedankengang.

Schließlich wird die Vereinbarkeit der lizenzrechtlichen Absprachen mit Wettbewerbsregeln des AEUV überprüft. Es geht um die oben erwähnten Verpflichtungen innerhalb der Lizenzkette, ein Geoblocking einzuführen. Auch wenn das jeweils im Einzelfall zu prüfen ist, seien in aller Regel Geoblocking-Absprachen unzulässig - und im Ergebnis nichtig, so das Ergebnis.

Die Darstellung überzeugt, weil sie auf der einen Seite die europaweite Vergütung des Urhebers dort, wo sein Werk genutzt wird, in den Vordergrund stellt, zugleich aber herausarbeitet, dass eine künstliche Fragmentierung in nationale Märkte mit dem Ziel, den Preis in die Höhe zu treiben, unzulässig ist. Konsequent wird daraus gefolgert, dass im Einzelfall entgegenstehende Absprachen nichtig sind.

Fabian Brandt

42 978 3 7560 0122 4
Das Rechte der öffentlichen Wiedergabe im Lichte der Dienstleistungsfreiheit - Implikationen für Geoblocking, Schriften zum geistigen Eigentum und zum Wettbewerbsrecht, Band 150, Nomos Verlag, Baden-Baden 2025, 84,00 €

Weitere Literaturhinweise

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